14. Mai 2015

Sco 2015 - Tag 1 - Ein vollkommener Tag ... fast vollkommen

Es war eine wirklich kalte Nacht und trotz Ski-Funktionsunterwäsche und einem extra Shirt fror ich in meinem Schlafsack (wie die Jahre zuvor auch). Trotzdem war der nächste Morgen wirklich schön. Als wir uns gegen 8 aus den Schlafsäcken quälten und die Weicheres gewöhnten Hüften rieben, lachte uns die Sonne an und ein frischer Wind pustete uns den Schlaf aus dem Gesicht.


Camp der ersten Nacht vor dem Creag Dhubh


Auf dem Weg zum Creag Dhubh


Der Mond geht über dem Creag Dhubh unter

Der Fleck war wie gesagt recht ungeschützt, so dass wir schnell frühstückten und dann die Zelte abbauten und der Ostflanke des Beinn Eighe entgegen liefen. Die Aussicht war schon jetzt phantastisch und wurde mit jedem Höhenmeter besser … was man vom Pfad leider nicht sagen konnte … denn es gab keinen Pfad mehr. Also suchten wir uns irgendwie einen Weg hinauf auf den Creag Dhubh, kamen dabei aber zu weit nach Westen ab und standen jetzt mitten auf dem Geröllfeld an der Nordwestflanke. Nun sind Geröllfelder nicht unbedingt ideal für den Aufsteig, bei jedem Schritt gibt irgend ein Steinchen nach und man rutscht erstmal wieder etwas nach unten. Je größer die Brocken, desto bedrohlicher wird das Rutschen und wenn dann Felsen in Fußballgröße von oben nachrutschen wird die Verletzungsgefahr doch recht groß. Der Versuch das Geröllfeld zu queren war so zum Scheitern verurteilt, dafür war es einfach zu lang, weshalb wir im Zickzack zurück in Richtung steiler, aber dafür geröllfreier Flanke gingen. Dort war der Aufstieg wesentlich einfacher, wenn gleich mit den schweren Rucksäcken trotzdem nicht unbedingt ein “Walk in the park”.


Auf dem Geröllfeld


Auf dem Geröllfeld


Blick nach Norden zum Slioch und den Fisherfield Munros


Panorama - Creag Dhubh

Auf dem ersten Vorgipfel der Beinn Eighe Ridge angekommen, machten wir erstmal ne kurze Pause und überblickten erstaunt und erfreut den langen Kamm, den wir entlang bis zum Munro Ruadh Stac Mhor wandern wollten. Hier trafen wir auch die ersten Wanderer, die wahrscheinlich von Kinlochewe aus aufgestiegen waren und mit leichtem Tagesgepäck der Ridge folgten. Das Panorama war wie gesagt grandios. Ringsum zeigten sich die Berge und Lochs. Aber wie insgesamt auf dieser Tour wurde nicht groß gebummelt und so folgten wir dem Kamm in Richtung Sgurr nan Fhir Duibhe der vom Gipfel ausgehend eine tiefe Scharte nach NW zeigt, welche beeindruckt und zugleich zeigt, welche Kräfte und Erosionsprozesse hier wirken. Auf Walkhighlands werden diese Scharten und Felsen the Black Carls genannt.


Zu den Black Carls


Auf den Black Carls


Tiefe Scharte


Ein Blick zurück zu den Black Carls

Vom Sgurr nan Fhir Duibhe ging es erst hinab und dann hoch zum nächsten Gipfel, dem Sgurr Ban und von da weiter zum Spidean Coire nan Clach, dem ersten Munro der Tour. Hier kreiste zum allerersten mal berechtigt eine der 3 Whiskyflaschen (wir haben 1,5l auf 3x 0,5l aufgeteilt) und es wurden die ersten Müsliriegel geknabbert. Beim Kramen im Rucksack passierte denn auch gleich das erste, äußerst schwerwiegende Unglück.


Entlang der Ridge


Panorama - Sgurr Ban Richtung N


Panorama vom Spidean nach W mit Liathach im Hintergrund


Liathach in voller Schönheit - unser Ziel für Morgen

Meine 5 Jahre alte und sehr zuverlässige Meru Stahltrinkflasche plumpste aus dem Seitenfach auf den Boden und begann über die Steinchen zu rollen. Erst langsam, dann schneller und als ich es merkte war sie schon einen halben Meter entfernt. Zu weit um schnell hinzugreifen und eh ich mich drehen konnte machte es “Klang, krach, schepper, Kling, ding, ruutsch, krach, bruch, klong…” (leiser werdend) und meine geliebte Flasche verschwand eine kleine aber steile Schlucht hinab in Richtung des 300m tieferen Talbodens. Nun war der Verlust der Flasche an und für sich nicht so gravierend, dass mich das groß gestört hätte. Ich hatte noch eine volle 1l Flasche und eine 0,5l Plasteflasche mit und damit genug zu trinken. Nein, das wirklich Schlimme, Tragische und überaus Traurige war … es war eine der 3 Whiskyflaschen gefüllt mit leckerem “Black Grouse”. Als ich denn mit klopfendem Herzen der versammelten Mannschaft verkündete, dass ich gerade mit gefühlt der knappen Hälfte unserer Whiskyvorräte den Berg getauft hatte, wurden die Blicke kalt ... eiskalt und die Stimmung frostig. In der Hoffnung die Flasche retten zu können, stieg ich ca. 20m die Schlucht hinab, aber ein sanfter und untrüglicher Geruch nach Whisky deuteten auf ein unrühmliches Ende der Flasche hin. Ich hab die Suche dann abgebrochen, es war einfach zu steil und die Flasche war sicherlich sowieso bereits ausgelaufen ohne dass ich sie gefunden hätte..


Whisky Gully - Hier purzelte das flüssige Gold in die Tiefe und ward nimmer gesehn


Auf dem Trig Point des Spidean


Den Ruadh Stac Mhor im Rücken

Mir wurde vergeben und für weitere Ablenkung sorgte ein durchtrainierte Wanderer, der mit seinem kleinen Hund sich dem Gipfel näherte. Einen kurzen Plausch später folgten dem Kamm weiter Richtung Westen und kurz vor Coinneach Mhor trauten wir unseren Augen kaum. Da kam uns doch tatsächlich ein Wanderer mit Kilt, Funktionsjacke und russischer Schapka Mütze entgegen. Im Gespräch entpuppte er sich aber als nicht so durchgeknallt, wie er aussah sondern als recht normaler Tagestourenwanderer. Am Coinneach Mhor hatten wir die Qual der Wahl. Entweder wir gingen sofort zum Ruadh Stac Mor oder wir ließen die Rucksäcke kurz liegen und gingen zum Sail Mhor weiter.


Blick hinab vom Coinneach Mhor zum Loch Coire Mhic Fhearchair

Da das Wetter toll war und noch genügend Zeit blieb, um bis zum Loch Coire Mhic Fhearchair abzusteigen und dort zu übernachten, entschieden wir uns für Sail Mhor. Leider führte der Weg nur für die ersten 400m über eine schöne Grasfläche mit ein paar Schneefeldern, denn danach begann eine ziemlich ausgesetzte Kletterei vom Coinneach Mhor hinab auf den Sattel zum Sail Mhor. Besonders die letzten 10m hatten es in sich. Entweder haben wir hier den Pfad verfehlt, oder es ist wirklich eine ziemlich ausgesetzte Stelle, die etwas Kletterei erfordert. Im Hang stolperte ich über ein größeres Stück Blech und konnte das als Wrackteil eines alten Lancaster Bomber erkennen (nicht weil ich so ein Flugzeugauskenner bin, sondern weil ich es vorher gelesen hatte), welcher im März 1951 in dunkler Nacht keine fünf Meter unterhalb des Gipfels in den Fels krachte. Dabei kamen alle 8 Besatzungsmitglieder ums Leben. So schlimm das Unglück auch war, die Air Force zog die Lehren daraus und bildete danach die noch heute aktiven Mountain Rescue Teams (MRTs).


Wrackteil


Auf dem Weg zum Sail Mhor

Nach der Kraxelei war der weitere Weg zum Sail Mhor problemlos und alsbald standen wir auf der westlichsten Spitze des Beinn Eighe Massivs, von wo aus sich ein grandioser Ausblick auf den Liathach bot. Ein Stück weiter entfernt thronte der Ben Alligin und direkt entgegen gesetzt wurden die 3 mächtigen Säulen des Triple Buttress von der Sonne angestrahlt. Vom Gipfel konnte man auch einen Blick auf Morrissons Gully erhaschen, eine Schlucht, die sich vom Gipfel des Sail Mhor nach Norden über 400m bis ins Tal zieht.


Gipfelkunst - da hatte jemand viel Zeit


Blick vom Sail Mhor zum Triple Buttress


Panorama vom Sail Mhor


Morrissons Gully


Der Rückweg zum Coinneach Mhor

Der Rückweg zum Coinneach Mhor war zwar anstrengend, dafür fühlte sich die Kraxelei hochzu etwas weniger gefährlich an. Oben angenkommen schnappten wir die Rucksäcke und stiegen auf den 868m hohen Sattel zum Ruadh Stac Mhor ab, versteckten die Rucksäcke abermals und wanderten hinauf zum 1010m hohen Gipfel. Auch hier waren die Aussichten grandios, vor allem auf den Sail Mhor und den Tripple Buttress.


Fuselage Gully


Blick vom Ruadh Stac zum Sail Mhor


Panorama vom Ruadh Stac Mhor zum Sail Mhor

Wir saßen eine gefühlte Ewigkeit und machten uns dann auf den Rückweg zu den Rucksäcken und am oberen Ende des Corrie angekommen begann der beschwerliche Abstieg das Gerölltal hinunter zum Loch. Es dauerte eine Weile bis wir einen Pfad fanden, welcher vorbei an mehreren kleinen Wasserfällen hinab zum See führte. Das frische Wasser war eine willkommene Abkühlung und wir füllten unsere Flaschen. Bald erreichten wir das Seeufer und sahen hier mehrere große Wrackteile im Wasser. Später hab ich dann gelesen dass sich weiter oben in der westlichsten Schlucht namens Fuselage Gully noch weitere Wrackteile, u.a. ein ganzer Propeller befinden.


Das Corrie zum Loch


Auf halber Höhe


Der Triple Buttress - Markantes Gesicht des Beinn Eighe


Davor liegt idyllisch das Loch Coire Mhic Fhearchair


Blick vom Camp zum Loch und Triple Buttress

Seit dem Abstieg suchten wir nach einer geeigneten Stelle zum Zelten, aber die einzige Stelle war bereits besetzt und so kamen wir am nördlichen Seeende an, fanden hier aber mehrere gute Stellen für die Zelte. Wir errichteten die beiden Zelte zum einen auf einer Felsplatte zum anderen auf hartem Sand. Danach ging es zum Bad... Jepp richtig gelesen, zum Bad. Durch die warme Sonne und den anstrengenden Tag war es nur logisch in den erfrischenden See zu hüpfen, wobei ich das mit dem Hüpfen wohl etwas zu wörtlich genommen habe. Schnell Klamotten zur Seite, etwas Duschgel (biologisch abbaubar) und hinein ins Wasser. Leider über sah ich dabei die dünne Algenschicht, rutschte aus und landete unsanft auf dem Allerwertesten. Zumindest das langsame und vorsichtige Gewöhnen an die glasklare aber eiskalte Brühe hatte sich damit erledigt. Es war eiskalt und zum Abseifen im Wasser schlichtweg zu kalt. Beine und Füsse schmerzten vor Kälte. Also raus aus dem Wasser, Abseifen, wieder rein, Abspülen, wieder raus, Abtrocknen, Bemerken dass der Pops noch voller Seife war, wieder rein, wieder Kälte und Schmerz. Aber danach war alles gut. Sauber und warm machten wir uns daran etwas Wasser für die Nudeln und Tee zu kochen.


Unser Camp

Danach begann der gemütliche Teil des Abends und wir freuten uns aufs kalte Bier aus den 4 Dosen die wir seit Inverness in den Rucksäcken hatten und die nun im kühlen Bach eine angenehme Temperatur annahmen. Nun ja, so der Plan. Als wir nach den Dosen schauten waren es nur noch 3. Eine war bereits davon geschwommen und über den ca. 10m entfernten Wasserfall in die Tiefe gestürzt und damit weg. Die anderen konnten wir gerade noch vorm Abtreiben retten. Irgendwie war heute nicht unser Tag, zumindest nicht in Bezug auf die Getränke. Aber der Sonnenuntergang machte dafür all das wett. Langsam wurde das Sonnenlicht schwächer und rötlicher und tauchte die hinter uns liegenden Ruadh Stac Mhor und Triple Buttress in ein rötliches Licht, dann färbten sich die Abendwolken rot und langsam ging die Sonne hinter dem Baosbheinn unter. Als wir am Seeufer die Sonne schon längst nicht mehr sahen, leuchtete die Kuppe des Raudh Stac hinter uns noch immer rot. Nachdem die Sonne aber verschwunden war, wurde es schnell kühler und es war nach einem langen und schönen Tag mehr als Zeit eine Mütze voll Schlaf zu nehmen.


Triple Buttress orange getüncht


Sonnenuntergang über dem Baosbheinn


Warten auf den Sonnenuntergang


Abendfarben

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